Basil in Indien 2007/2008

Bachelorarbeit am Indian Institute of Technology (IIT) Madras, Chennai, Tamil Nadu, Indien
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08.02.2008, Bijapur
Der Bahnhof in Mumbai, Victoria Terminus, ist riesig, gehört zu den größten und geschäftigsten Bahnhöfen der Welt, täglich passieren etwa 3 Millionen Menschen. Das System der vielen Ticketschalter, die über mehrere Hallen verstreut sind, ist wenig intuitiv. Ein hilfsbereiter Inder kommt auf uns zu, als wir in einer Schlange stehen, und bietet uns seine Hilfe an, nimmt uns mit außerhalb des Bahnhofes. In der Gasse ist eine Ticketbude neben der anderen, er behauptet, die Busse, die man an dem Stand, an den er uns gebracht hat, buchen könne, seien governmental buses, also preisgünstig. Wir sind skeptisch, ob es sich nicht doch um ein Privatunternehmen handelt, den Eindruck gewinnen wir von der Art der Schilder, der schlechten Grafik und dem erfahrungsbedingten Misstrauen. Es sei unsere einzige Chance nach Solapur oder Bijapur zu kommen, die staatlichen Schalter hätten nur noch etwa eine Stunde geöffnet und 5000 Menschen würden vor den Schaltern warten. Recht hatte er, stellten wir fest, nachdem wir ihn endlich abgeschüttelt und die richtige Halle gefunden hatten. Die Halle war voll mit wartenden Indern mit Wartenummern in den Händen. Als wir fragten, ob wir eine Nummer ziehen müssten, wurden wir an einen Schalter für non-indian citizens verwiesen. Keine Wartenummer und nur ein Mensch in der Schlange - sehr angenehm.

Mit dem klimatisierten Nachtzug, der den Vorteil hat, dass man Bettzeug bekommt, fahren wir nach Solapur um von dort direkt mit dem Expressbus weiter nach Bijapur zu fahren. Ein Expressbus ist ein Bus, der jedes andere Fahrzeug auf der Strecke zu überholen versucht und sich dabei völlig rücksichtslos verhält, Menschen in den Dörfern müssen rennen, wer nicht ausweicht ist selbst schuld. Weiter auf dem Land fahren entweder Busse oder hauptsächlich Lastwagen. Unser Expressbus schert ständig aus um zu überholen, Lastwagen kommen uns entgegen und wir finden im im letzten Moment zurück in eine Lücke vor den überholten Fahrzeugen, es ist jedes Mal beängstigend knapp. Auf der Strecke sehen wir zwei Unfälle, die Fahrer schienen sich nur knapp verschätzt zu haben, jedesmal ist ein guter Teil der Front ziemlich zerstört. In jedem Bus gibt es einen Busbegleiter, er fährt ein bestimmte Anzahl von Jahren mit und ist danach autorisiert selbst Bus zu fahren. So einfach ist das.

Unbeschadet in Bijapur angekommen essen wir als spätes Frühstück im Busbahnhof Iddlis und Vadas mit Sambar, an den Wänden im Restaurant laufen Kakerlaken, eine kleinwüchsige Sorte, die Wände hoch und runter. Als ich Wochen später meinem indischen Supervisor erzähle wo wir gegessen haben, reißt er die Hände über dem Kopf zusammen. Für ein paar Pfennige mieten wir Fahrräder, um die verstreuten Sehenswürdigkeiten zu besuchen, Bijapur hat einige der schönsten islamischen Bauten des Dekkan zu bieten, ist aber dennoch angenehm ruhig.

Der Golgumbaz, ein riesiges Mausoleum, wird von meinem Reiseführer folgendermaßen beschrieben:

Es wurde gegen Ende der Adil Shahi-Herrschaft erbaut und ist ein passendes Denkmal für eine kurz vor dem Niedergang stehenden Dynastie: pompös, dekadent und schlecht proportioniert, dafür im ganz großen Maßstab angelegt.
Ein Herrscher hat den Auftrag zur Erbauung direkt nach Amtsantritt in Auftrag gegeben.

Die halbrunde 51 Meter hohe Kuppel mit einem Durchmesser von 37 Metern ist im Durchmesser nur 5 Meter kleiner als die des Petersdoms in Rom und damit zum Erbauungszeitpunkt 1659 die zweitgrösste Kuppel der Welt. Während man in den siebenstöckigen Seitentürmchen in die Kuppel aufsteigt, wird die Stimmung immer surrealer: die Kuppel ist als Flüstergewölbe konstruiert; die Innenwände sind in Form eines Halb-Rotationsellipsoiden gebaut - in Brennpunkten hört man geflüsterte Worte von Personen in weit entfernten Brennpunkten. An den Wänden sind die Brennpunkte vom Kontakt mit zum Rufen geformten Händen schwarz markiert. Touristen flüstern nicht nur, sie rufen laut, schreien spitz oder lassen ihr Handy klingeln, das Echo ist ohrenbetäubend und wir begeben uns auf den äußeren Umlauf der Kuppel. Bei einem Blick über die Landschaft sehen wir, wie sich Schulklassen nähern. Später ist es kaum zu überhören, dass sie in der Kuppel angekommen sind.

In einer Moschee sprechen uns zwei vollbärtige Männer aus Indonesien und Malaysia an und laden uns zum Tee ein. Mit einer Gruppe von betenden und diskutierenden Gläubigen auf Mission trinken wir zusammen Tee in entspannter Atmosphäre. Die Männer reisen von Moschee zu Moschee um von ihrem Glauben zu erzählen und erklären uns die Grundprinzipien des Tablighi Jamaat, einer islamische Erweckungs- und Missionierungsbewegung, deren Mitglieder großen Wert auf die Ausübung orthodoxer Vorschriften und die Befolgung der islamischen Riten legen und zu deren Pflichten es gehört regelmäßig, freiwillig und unbezahlt missionarisch tätig zu sein. Zum Essen bleiben wir nicht, obwohl es sehr gut riecht, aber es gibt noch mehr zu sehen in Bijapur.

Bevor wir weiterreisen gibt es giant dosa, gefüllt mit Kartoffeln.

Alle Photos des Tages hier.

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