Im Office musste ich warten auf irgendein Papier, wegen dem ich schon zu verschiedenen Stationen geschickt worden war, und unterhielt mich mit einem der Beamten, unter anderem über seine Heimatstadt Mahabalipuram und über indisches Essen. Ob er Vegetarier sei, fragte ich ihn. Er meinte "both", also sowohl als auch, und zählte auf: Omelette, Fish, Chicken, Prawn, Monkey, gut, Monkey hat er nicht gesagt, und Beef. Bisher hatte ich angenommen, dass veg und non-veg unvereinbar sind. So unterscheidet sich die aristotelische zweiwertige Logik von der Buddhistischen; Vereinbarkeit (scheinbarer) Widersprüche.
Am kleinen Busbahnhof für diese Richtung, den wir mit einem Stadtbus erreichten, hatten wir eine dreiviertel Stunde zu warten. Statt eines wie erwartet bedeckten Himmels wurde dieser freier und freier. Eine schwarze Hündin mit hängender roter Zunge schlich von Schatten zu Schatten, keiner schien kühl genug, bis sie sich unter einem Bus niederliess und diesen Platz erst als der Bus losfuhr und in aller Ruhe, knapp bevor sie vor dem Hinterrad überrollt wurde, verliess. Wir assen an einer Ecke einen kleinen Bisquit mit Pistaziencreme und an einer anderen Ecke tranken wir einen Tee. Komischerweise habe ich bisher mit dem Essen (noch) keine Schwierigkeiten. Am Bürgersteig arbeitete sich ein Huhn durch die Krümel. "Very tasty" sagte der Assistent, der eigentlich Vegetarier ist. Huhn geht wohl noch, Beef ist schwieriger. Den Assistenten hatte ich mir ausleihen dürfen, er hat schon zehn Deutsche in Mahabalipuram herumgeführt. Ich übernehme sämtliche Ausgaben unseres Ausfluges und gebe ihm am Ende des Tages ein Trinkgeld von 100 Rupien, weniger als zwei Euro, nicht aus Geiz, sondern weil Herr Sundar meinte, dass das genug wäre.
Der Bus kostet 48 Rupien, weniger als ein Euro, fährt länger als eine Stunde, ist klimatisiert und beschallt. Als wir endlich Chennai verlassen haben Palmen in ansonsten freier Fläche, angelegte Nadelwäldchen in denen Leute sitzen, ummauerte leere Streifen zum Meer hin, Rinder entlang der Strasse, ein Kalb sitzt mitten auf der Strasse und lenkt den Verkehr um.
Es gibt vier Arten von Bauwerken: Felsenreliefs im Freien, struktive Tempel, von Menschenhand geschaffene Höhlen und Rathas, ("Wagen", an Ort und Stelle aus einem Felsen gehauen). Sie entstanden zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert.
Eines der grössten Flachreliefs der Welt, die Herabkunft des Ganges.
Krischna's Butter Ball.
Ein Ratha und ein Ausblick.
Herr Suthakar der Assistent.
In Strandnähe gibt es einen weiteren Tempel. Baden ist verboten, es wird nur etwas geplanscht, das Wasser ist unglaublich warm, Inderinnen planschen in Saris.
Über den Strand gelangen wir zum Ufertempel. Inder zahlen 10 Rupien, Ausländer 250, also 5 US-Dollar!
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Heute abend ist ausnahmsweise mal keine Insektenparty im Bad, dafür aber vorgestern, mit einem von mir gerne gesehenen Gast. Das Bild zeigt die Seitenansicht der Leuchtstoffröhre über den Waschbecken, dahinter etwas Unerwartetes. Ein Blick ins Innere der Lampe zeigte, dass diese von einem kleineren Exemplar bewohnt ist.
Heute nach dem Mittagessen war ich wieder in der Wäscherei und habe mich länger mit dem Manager unterhalten. Es fing zwar wieder typisch an: "... Germany", "Ah! Hitler, Hitler! Hitler good or not good?", entwickelte sich aber dennoch positiv. Ich hatte eine Werbebroschüre mit Bildern von Kaiserslautern mitgebracht und trank wie neulich erst mit ihnen Tee. Aus einem anderen Raum wurde etwas gebracht und stolz präsentiert: Eine Schere, Made in Germany, Solingen, "very good quality".
Ständig muss man hier irgendwo die Schuhe ausziehen, in Tempeln sowieso, aber auch in jedem Rechnerraum, weswegen ich mir unzählige Male am Tag die Schuhe an und aus ziehen muss. Aus dem Grund wagte ich mich in die Stadt um Sandalen zu kaufen. Mit dem Fahrrad. In den Verkehr. Es ist einfacher als ich dachte, bellende Hunde beissen nicht. Man muss nur ruhig und gerade fahren und dabei geradeaus oder ein wenig zur Seite sehen, nach Hinten zu sehen ist unnötig, da signalisiert einem das Gehupe genug, besonders Busse haben eine sehr charakteristische Hupe. Es macht sogar Spass, man konzentriert sich auf jede Lücke, alle Sinne sind beschäftigt, man verliert fast das Zeitgefühl. Dazu kommt ab und zu ein leichter Nieselregen, Staub im Auge, schwarzer Qualm der älteren Busse - ich wische mir den Schweiss aus dem Gesicht und stelle fest: grauer Staub - bunte Stände am Strassenrand, hauptsächlich Obst, kleine Tempel und Schreine, geflochtene Hütten, streunende Hunde, Süssigkeiten, ich taste mehrfach nach der Gangschaltung um jedes Mal wieder festzustellen, dass ich keine besitze, Motorräder mit bis zu vier neugierigen Personen, winkende Kinder, übervolle Busse die die ihre Geschwindigkeit verringern um Leute ab- und zuspringen zu lassen, Leute, die zurücklächeln wenn man sie anlächelt, dazwischen abgesunkene Kanaldeckel und sonstige Aufmerksamkeit fordernde Unebenheiten. Dazu die Tücken des Linksverkehrs und das Problem, dass einige Strassen Einbahnstrassen sind und die andere Richtung irgendwo anders verläuft. Um mich nicht zu verfahren, beziehungsweise weiter zu verfahren - ich verliess natürlich das Tor in linker, statt wie empfohlen in rechter Richtung - kam ich ganz gut als Geisterfahrer voran.
Heute scheint Diwali zu beginnen, eine Prozession am Strassenrand, ein Blumenkranz wird getragen, Böllerketten werden gezündet, Menschen tanzen und trommeln, entdecken mich und meine Kamera auf der anderen Strassenseite und winken mir fröhlich zu.
Ich bin zwar weit in die falsche Richtung gefahren, umsonst war es jedoch nicht, gesehen habe währenddessen einiges, zum Beispiel die Gandhi Gedänkstätte. Die Atmosphäre ist sehr entspannt, einzelne liegen im Gras, andere flanieren, manche Essen und manche sitzen entspannt diskutierend in der schattigen Anlage, die im hinteren Teil aus einem Theater besteht. Dort habe ich zwei Inder kennengelernt und mit ihnen Tee getrunken, süss mit Milch und gewürzt wie immer, und mich einige Zeit mit ihnen über alles mögliche unterhalten, dabei auch erfahren, wie ich zu dem Schuhladen kommen könnte.
Die Frucht meiner Anstrengungen und unglaublich weisse Füsse.
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