Basil in Indien 2007/2008

Bachelorarbeit am Indian Institute of Technology (IIT) Madras, Chennai, Tamil Nadu, Indien
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Beginn des Pongal-Festivals
Tagelangen Vorbereitungen wie dem Modellieren einer riesigen halben Tonvase, Flechten riesiger Vasen als Lampenschirmen aus Schilf, Proben von tanzenden Schülergruppen, Aufbauen der Zäune und Ähnlichem folgte der erste Tag des Pongalfestivals, einem indischen Ertedankfest, auf dem Campus. Ein paar Stunden bevor es beginnen sollte kam der Assistent aufgeregt zu mir, es begänne schon, take your camera. Die Strasse zum open air theathre entlang standen unzählige Gruppen von aufwendig und eindrucksvoll kostümierten Tänzern, Akrobaten und Trommlern.


Die Veranstaltung schien zu beginnen, Männer mir mehrere Meter hohem Kopfschmuck fangen an sich im Kreis zu drehen, die Trommelgruppen spielen gegeneinander an, Schwertkämpfer umtanzen einander, Muscheln werden geblasen, der Geruch von Betelnuss liegt in der Luft. Das Trommeln nimmt zu, erste weisse Jeeps mit roten Lichtsirenen und bewaffnete Polizei passieren die beidseitig flankierte Strasse während das Trommeln zum Sturm wird und der chief minister von Tamil Nadu einfährt. Auch sein Sohn, der demnächst sein Amt übernehmen wird und mit Namen Stalin heisst, sollte anwesend sein. Dieser Sohn ist auf Plakaten zusammen mit dem anderen bekannten Namensträger zu sehen.



Die Vorstellung ist an diesem Tag nicht, dafür aber am darauffolgenden Tage zugänglich, die Tore schliessen während ich mich ausserhalb des Theaters mit Artisten unterhalte und Drinnen eine Reihe von Reden und Tanzvorführungen stattfinden. 1600 Menschen sind an diesem Festival beteiligt, die Gruppen sind aus ganz Südindien angereist. Nur zwei Tage findet das Festival auf dem Campus statt, weitere fünf Tage an jeweils anderen Orten in Chennai.

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Outsiders

Nach dem Strand, auf dem sich eine Millionen Inder aufhielten und Christopher sich von seinem Papierdrachen wegreissen liess, auf dem Weg zurück in unser Hostel, hören wir Stimmen und Musik, eine Menge Leute steht zwischen den Hostels, einer am Mikrophon. Es gäbe sieben Gruppen, eine fehle noch, Christopher streckt den Arm, die Menge jubelt und wir sind dabei, beim Tauziehen wie sich später herausstellt, als Gruppe outsiders, da eigentlich die Stockwerke unseres Nachbarhostels gegeneinander antreten. Wir verlieren auf sandigem Grund, fordern später rematch mit unserer mittlerweile um die beiden Finnen gewachsenen Gruppe. Siru, die Finnin und einzige Frau auf dem Platz, zieht ganz vorne in unserem Team mit und wir gewinnen, zu sehr verunsichert oder irritiert scheinen unsere Gegner, sodass sie sich ohne Probleme auf unsere Seite ziehen lassen. Kurz darauf wird die teil indische, teils amerikanische Musik lauter und die Inder beginnen wild, wüst, schreiend und ausgelassen zu Tanzen.



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Reisetag 4: Mysore, Ooty
Am Morgen sehen wir uns, nach einem Frühstück bestehend aus malligi iddli, einer locker-schaumigen Iddli-Variante, den Palast an, unzählige Hallen und Räume mit mir unbekannter Funktion die kaum mehr geschmückt sein könnten.


Photoapparate sind im Palastinneren ungerne gesehen, deshalb schiesse ich aus der Hosentasche, was erklärt, weshalb die Bilder so schief sind.



Ich habe beschlossen vorzeitig abzureisen, das Wichtigste habe ich bereits gesehen und die Atmosphäre der Stadt ist mir nicht sehr sympathisch, was in den Erlebnissen des Vortages begründet liegt. Wir beschliessen weiter nach Udagamandalam bzw. Ootacamund bzw. Ooty in den Nilgiribergen zu reisen. Die Ecken der Toilettenkabinen im Busbahnhof sehen interessant aus, die Farbe stammt vom gespuckten Saft der speichelflussanregenden und -färbenden wegen seiner anregenden Wirkung gekauten Betelnuss.

Als unser Bus durch das Tor des Busbahnhofes einfährt, beginnen die ersten bereits zu rennen, die Tür steht während der Fahrt offen und man drückt sich in den Bus, versucht die aussteigenden Passagiere zurückzudrängen. Noch in Fahrt hängt ein drängelndes Menschenknäul in der Luft mitsamt Gepäck, wir mittendrin, erwischen dennoch annehmbare Sitzplätze bevor sich die allgemeine Situation entspannt.

In den nächten Stunden verändert sich die Landschaft weiter und weiter. Agavenartige Hecken begrenzen Flächen im noch flachen Land bevor es spürbar kühler wird, während wir in den Westghats, einem dichtbewaldeten Gebirge, höher und höher steigen. Mittlerweile ist es dunkel geworden, die Lichter der Stadt in der Ebene sind noch Stunden zu erkennen, so langsam steigen wir die Serpentinen auf. Ich bin froh die Stadt verlassen zu haben, ich spüre bereits, dass mir Ooty gefallen wird. Die Bäume sind geradegewachsen, stehen sehr dicht beisammen und sind so hoch, dass ich keine Kronen erkennen kann. Dazwischen sehe ich auf dichtes Buschwerk hinunten, dass viele Meter nur leicht schräg unter mit liegt, so rapide fällt das Gelände neben der Strasse ab, die seitlich wie weggebrochen und kaum breiter als gerade notwendig ist. Die Stimmung im Bus ist heiter, wir werden bis auf zwei Fahrzeuge von Allen überholt, bei den zwei Ausnahmen wird gejubelt und geklatscht. Wir fahren mehrere Stunden länger als der Reiseführer angegeben hat. Anscheinend ist es nicht der Bus, von dem ein Reiseführer annehmen würde, dass ihn ein Tourist benütze. Irgendwo halten wir kurz an, der Schaffner steigt kurz aus, Wenige steigen zu und es kommt zu irgendeiner Unstimmingkeit. Der Schaffner stösst jemanden an, die Menge ist aufgebracht, er rettet sich in den Bus und etwa zehn Mann rennen dem Schaffner rufend und drohend aber nicht bedrohlich neben dem nun angefahrenen Bus her, schlagen an die Seitenwand bis wir wieder tief im Wald fern jeder Zivilisation sind; man sieht kein Licht, keine Häuser, keine Menschen, nur dichtesten Wald und Vollmond.

Gegen zehn Uhr erreichen wir unser Ziel, finden sogar nach kurzer Zeit eine Lodge. Der kleine Ort mutet provencalisch an wie er sich über den Hügel erstreckt mit den schmalen stillen Gassen und dem Geruch von Holzfeuern, wirkt aber auch so, wie ich es mir im Himalaya vorstelle. Inder tragen Wollmützen, haben sich dicke Decken umgeworfen und sitzen in Gruppen auf den Ladeflächen bunter Lastwagen.

Kein Restaurant hat mehr geöffnet, nur in einem kleinen Laden, Polizisten hatten uns den Weg gewiesen, werden gerade frische Parathas geknetet, geschleudert, gebacken, geklopft und mit Sosse gegessen.

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Reisetag 3: Mysore
Von Bangalore aus hatte ich erfolglos versucht ein Zimmer in einem Hotel in Mysore zu reservieren. Angekommen zur Mittagszeit in der Mittagshitze, nach dem eher kühlen Bangalore, war ich wieder auf Hotelsuche. Als ich irgendwann endlich ein Zimmer fand, war es kaum grösser als das Bett, was aber noch unproblematisch ist. Dafür lag es direkt an der Strasse und roch etwas muffig. Ich bezahlte im Voraus vier Euro und nahm den Zustand des Zimmers hin, schliesslich war ich auf Abenteuerurlaub. Zurück im Zimmer war es kaum auszuhalten, es stank unangenehm stark nach Schimmel, bei der Frage nach Bettzeug wäre sicher auf Unverständnis gestossen und das Badezimmer war beim aufmerksamerer Wahrnehmung stinkend verschissen. Weihnachten wollte ich dort nicht verbringen. Ich hatte zu voreilig bezahlt, es hätte keinen Sinn gehabt das Geld zurückzufordern, deshalb suchte und fand ich eine Strasse weiter ein sehr schönes und preiswertes Hotel, transferierte mein Gepäck, sagte dem Rezeptionisten im dreckigen Hotel ich liesse meinen Schlüssel dort, er nickte ohne weiter von seiner Zeitung aufzusehen, und ging um nicht mehr wiederzukommen.

Das neue Zimmer ist hell und freundlich, teilweise in einem Blauton gestrichen, der mich an Griechenland erinnert.

In der Stadt spricht mich ein vielleicht zwölfjähriger Junge an, erzählt mir vom Amsterdam Coffe Shop, smoking marihuana, you know? Ich lache und winke ab, er fängt an aufzuzählen LSD, Cannabis, Ganja, Kokain, White Lines, XTC, Speed..., eine ewige Reihe an Rauschmitteln, und ist kaum zu stoppen. Er wolle mir nur helfen, es sei gut für sein Karma. Vor dem Hotel werde ich von einem Jungen angesprochen woher ich komme. Deutschland? Nina Hagen hätte hier in dieser Stadt Cannabis geraucht. Es war nicht der einzige Junge, andere wichen mir nicht von den Fersen, ich solle mir den Laden ihres Onkels ansehen, Jasminöl gäbe es, heute und nur heute wäre ein besonderer Tag, was wolle ich in dieser Strasse, hier gäbe es nichts zu sehen, Sandelholz solle ich kaufen, mir ansehen wie Bidis, also indische, aus Blättern gedrehte Zigaretten, in Handarbeit hergestellt werden, woher ich käme, Slovenien, ahja, er hätte einen Freund aus Slovienien, das war klar. Diese Kinder waren sehr anstrengend, jede Antwort verstrickt einen nur weiter. Dem letzten solchen Jungen, den ich nicht ignoriert habe, habe ich erklärt das mir diese Art ziemlich auf die Nerven geht. Er schaut mich verständnisvoll an und hört geduldig zu, denkt kurz nach und erwähnt dann seinen Onkel, der Jasminöl herstellt.

Derart aggressive Verkaufsmaschen waren mir neu, ich kam mir vor, als wäre ich in der Stadt permanent auf der Flucht. Nirgendwo konnte man sich etwas ansehen oder sich kurz hinsetzen ohne sofort belästigt zu werden.

Der Obst- und Gemüsemarkt war ein wenig angenehmer.

Ich rette mich mit einem Granatapfel auf das Dach meinen Hotels und bin alleine im gelblichen Dunst der Köhlerei der Seitenstrasse inmitten der Stadt und geniesse die Ruhe in der bisher unangenehmnsten Stadt.

Das Weihnachtsessen nehme ich auf der Dachterasse eines guten Restaurants zu mir, ein schmackhaftes dunkelsossiges Garnelencurry mit Nan zum Stippen und indischem Bier. Später lerne ich Yvonna kennen, eine viel reisende Polin, die in Kasachstan an einer Universität unterrichtet. Wir besuchen als einige der wenigen Nichtinder die Mitternachtsmesse, bei der wir Exoten ständig gefilmt werden.

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Reisetag 2: Bangalore
Viele Ausländer kommen nach Bangalore ohne recht zu wissen, warum, schreibt mein Reiseführer. Es gibt verhältnismässig wenige Sehenswürdigkeiten, dafür aber eine Menge Parks und schöne grosse alte Bäume in den breiten, mittlerweile verkehrschaotischen Strassen, weshalb die Stadt auch Garden City genannt wird.

Vidhana Soudha, Cubon Park und Museen

Government work is god's work ist am Vidhana Soudha, dem State Sekretariat, zu lesen, dem grössten staatlichen Gebäude seiner Art in Indien.


Direkt daneben der Cubbon Park mit Jackfruchtbäumen, Riesenbüscheln armdicken Bambus und vielen mir unbekannten Bäumen.

Drei Museen grenzen an den Park. Vor dem Technikmuseum möchte sich eine Schulklasse samt Lehrer photographieren lassen. Das Museum, dass ich eigentlich besuchen wollte, die Venkatappa Art Gallery, ist leider völlig belanglos.

Der Technologiepark, dessen Architektur mir im Wikipediaartikel ins Auge stach, scheint mindetsens 10 Kilometer entfernt zu liegen, ein Rischafahrer bietet mir free ride, just two or three shops, no need to buy an. Ich sage zu, denke mir man könnte einen Laden einfach wieder verlassen ohne etwas zu kaufen. Ich sollte nicht sagen, dass ich in Indien studiere, sondern ein Tourist sei und von dem Abkommen mit dem free ride nichts erwähnen. Das sei das Gesetz des Tourismus oder etwas in der Art antwortete er auf meine Frage nach dem Grund. Es war sehr anstrengend, es gab wirklich nichts, was mir von dem Kram gefiel und ich wollte auch nicht nachgeben und wenigstens einen blöden hässlichen Schlüsselanhänger an ekelgoldenem Kettchen kaufen, auch keine Räucherstäbchen, für die ich keine Verwendung hätte, auch wenn ich mittags angeblich der erste Kunde des Tages wäre und es ihnen Glück bringen würde. Einen weiteren Shop könnte ich nicht ertragen, deshalb gab ich dem Fahrer 10 Rupien, also einen sechstel Euro, angemessen für die bisherige Fahrt, wurde ihn aber nur sehr schwer los. Ich musste lernen unfreundlich abweisend zu sein und ihn, als auch das nicht half, völlig zu ignorieren.

Bull Temple

Nach einem Essen in einem keralischen Restaurant mit Appam, einer Art leicht süsslichen Pfannkuchen aus Reismehl die am Rand dünn und knusprig und in der Mitte dick, luftig und weich und damit ideal zum Stippen in Sosse sind, dazu Huhn in dicker roter Sosse in typisch keralish eher süsslicher Art und Ananassaft, liess ich mich von einem diesmal sehr netten Fahrer zum Bull Temple fahren, der einen riesigen monolithischen Nandi, Shivas Reittier, also eine Stierskulptur, beherbergt.

In der umgebenden Grünanlage hängen einige Bäume voll von zappelnden Fledermäusen, Familien picknicken, Kinder rutschen glatte Felsen herunter, wollen photographiert werden, bitten um Schokolade und fragen nach Geld, bei einem Ausländer kann man es wohl mal versuchen.


Lalbagh Botanical Gardens

Auf dem Weg zum nächsten Park treffe ich auf die merkwürdigen Früchte, die keine Früchte sind, die ich vom Campus kenne und die, auch wenn man sie aus dem achten Stock wirft, trotz Aufschlag auf harten Untergrund, kaum verändert sind. Niemand konnte mir bisher einen Namen nennen, jedenfalls gelten diese Unfrüchte als nutzloser Abfall.

In der riesigen Anlage der Lalbagh Botanical Gardens sehe ich zum ersten Mal einen Breiapfelbaum.


Eine Gruppe von computer engineering-Studenten aus dem Bundesstaat Maharashtra will sich mir mir photographieren lassen und ist sehr sympathisch. Unsere Reiseroute ist teilweise identisch, so hoffe ich, sie in Mysore oder Ooty wiederzutreffen.

Hotel

Meine Dusche im Hotel ist etwas ungewöhnlich, ein Bottich steht auf einem Hocker und es gibt zwei Schöpfeimer, einer von beiden soll angeblich das Wasser liefern, wenn mit der linken Hand das Klopapier ersetzt wird. Mit dem anderen Eimer schöpft man sich beim Duschen Wasser über. Welcher der beiden Schöpfeimer für welche Funktion vorgesehen ist konnte ich nur raten. Erstaunlicherweise funktioniert es problemlos auf diese Weise zu Duschen und man verbraucht sicherlich weniger Wasser. Vom Badezimmer aus führt eine Tür in einen wenig einladenden düsteren Schacht.

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Ich freue mich ueber jeden Eintrag im Gaestebuch, da ich dann auch weiss fuer wen ich schreibe! Gruss Basil